Königswalde vor 400 Jahren

Es gehört für mich zu den schönsten Erfolgen meiner hobbymäßigen "Forschungen" zur Historie unseres Dorfes, als ich vor einigen Wochen im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden die wohl älteste Darstellung unseres Dorfes auf einer fast 400 Jahre alten Landkarte fand.

Natürlich ist die Existenz dieser Karte vielen Heimatforschern bekannt, aber ob auch Königswalde damals bei dieser Landesaufnahme mit erfasst wurde, war schon sehr fraglich, also fuhr ich nach Dresden.

Das Original der sogenannten Zimmermann'schen Kopie der Öder-Karte bekommt man allerdings nicht ausgehändigt, dafür ist es viel zu wertvoll, aber farbige Mikrofilme, die man in entsprechenden Lesegeräten vergrößern und anschauen kann. Es dauert eine Weile, bis man auf der im Original einige Quadratmeter großen Karte den richtigen Ausschnitt findet, aber was ich dann sah begeisterte mich: Königswalde und die ganze Umgebung sind vollständig dargestellt.

Doch nun erst etwas zum historischen Hintergrund:

Am 6. Juli 1586 schrieb Kurfürst Christian I. in einen Brief: "Wir" haben Matthes Ödern Markscheider bevehlen lassen, uns ein mappa vnsers ganzen lanndesumkreiss, wiefern sich itzu unter vnsere Jagten erstrecken zu verfertigen, vnd darein alle vnsere Holtzer, sambt den vmliegenden Stedten, Dorffem vnd wässern zu bringen".

Von diesem Jahre ab arbeitete Öder nun unermüdlich an dem großen Werk in den verschiedensten Gegenden Sachsens. Er selbst erhielt täglich einen Gulden, seine Gehilfen je 3 Groschen; so betrugen bis zum Jahre 1607 die Kosten der Vermessungsarbeit bereits 6000 Gulden. 1608 wurde "Matz" Oeder, Churfürstl. Marckscheider, herauf geschicket, welcher sonderlich den grossen Wald nach der Gottesgab abziehen (abzeichnen) müsse...

Matthias Öder nennt sich einmal selber "Annaemontanus"; also auf Latein "Annaberger". Es liegt also nahe, ihn in Beziehung zu bringen zu der bekannten Markscheiderfamilie Öder, und mit einiger Sicherheit, kann man Matthias Öder als den jüngsten Sohn Georg Oders sen. ansehen, dem Markscheider, der 1564 bis 1566 den Annaberger Flößgraben "projektierte".

Balthasar Zimmermann hat Öders unvollendete Arbeit weitergeführt. Jedenfalls geht auf ihn in der Hauptsache die Herstellung der verkleinerten Kopie der Karte zurück, die man deshalb als Zimmermannsche Kopie der "Originalöder-Karte " bezeichnet. Auch dieser Balthasar Zimmermann soll ein geborener Annaberger Bürger gewesen sein.

Unser Gebiet wurde etwas vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges erfaßt, also um 1616. Nicht viel später dürften auch die Kopien entstanden sein, die im großen und ganzen denselben Besitz- und Namenbestand zeigen.

Die Originalkarte ist gezeichnet auf kräftiges, wohl ziemlich stark nachgedunkeltes Papier. Sie besteht jedoch nicht aus einem großen Bogen, sondern aus einzelnen, tellergroßen oder größeren Stücken, die aneinandergeklebt worden sind.

Im Gegensatz zu unseren heutigen Karten sind diese Karten nicht mit Norden, sondern mit der Südrichtung nach oben gezeichnet.

Doch nun zur Darstellung von Königswalde auf dieser Karte, die ich hier nachgezeichnet habe:

"Königwald, dem Rath vfm Annaebergk vnd ins Ampt Hain" (d. h. Grünhain) steht als Ortsbezeichnung links vom Ort. Was gleich auffällt: Während Fluß- und Bachläufe, die wichtigsten Gebäude und der Verlauf des Waldes sehr genau eingezeichnet sind, fehlen Straßen und Wege fast völlig. Nur die wichtigsten Verbindungen sind dargestellt, so wie hier die mit SZ bezeichnete "Hauptverbindungsstraße", die an der Kirche vorbei in Richtung Grumbach weiter über Schmalzgrube nach Preßnitz in Böhmen führt, unser Ratsgerichter Weg.

Oben am südlichen Ortsende sind die Waldstücke mit Namen bezeichnet, die heute kaum mehr gebräuchlich sind: östlich vom Contoppelbach die Schindelleith (Leite = Hang) also ein Waldstück, daß wegen seiner windgeschützten Lage wahrscheinlich besonders geradwüchsigen Baumbestand hatte, der sich gut zur Schindelherstellung eignete. Der Bergrücken zwischen Contoppelbach und Behla ist mit Am Glößberg (auch Gleesberg) bezeichnet und gehört dem Rath vom S.Annaebergk. Der am rechten Ufer der Pöhla liegende Wald heißt Am Bergkheusel und hat seinem Namen von dem dort befundenen Bergwerk, das wir alle nur als "Blaue Maus" kennen. An der Mündung des Contoppelbach in Die Behla steht Des Raths bretmül, also das schon damals zu Annaberg gehörende Sägewerk (Brettmühle). Etwas oberhalb am rechten Pöhlaufer ist ein Bergwerk eingezeichnet: Stoln of den segen Gottes. Es handelt sich wahrscheinlich um den hinter dem Wasserwerk heute noch sichtbaren Stollen.

Im Ort sind nur die wesentlichen, wahrscheinlich die damals größten Gebäude dargestellt, natürlich die Kirche in der Ortsmitte am linken Pöhlaufer an der "Hauptstraße" SZ und gegenüber auf der anderen Seite Das Gericht, unser Amtsgericht. Auf der Öder Karte ist es als Gasthaus gekennzeichnet ! Interessant ist auch, daß sich die Pöhla oberhalb vom Gericht in zwei Arme teilt, das soll noch bis zur Regulierung der Pöhla in den zwanziger Jahren so gewesen sein !

Was dann kommt ist nahezu einmalig: insgesamt 9 Mühlen sind rechts und links der Pöhla verzeichnet (die Brettmühle eingerechnet). Königswalde - das Mühlendorf ! Dr. Lothar Klapper hat schon in unserer Chronik diese Überschrift gebracht, kein anderer Ort auf dieser Karte in der weiteren Umgebung kann so viele Mühlen aufweisen !

 

Ganz oben im Ort steht Gregor Nestlers mül 1 g (die Gottelmühle ?), 200 m davon Salomon Storchs mül 1 geng" (Eternach ?). Gleich unterhalb der Kirche liegt Hans Rebentisch mül 1 gang (später Pügnermühle). Unterhalb vom Amtsgericht Jacob Siegels mül 2 geng (die Blechmühle). Dann mündet ein Bach aus einem Grund (Lösergrund), darauf folgt Christof Storgs mül 2 geng (Nestlermühle ?) , Hans Storgs mül 2 g. (Ott-Mühle) und der Kupferhammer (das Hammerhaus), der als Eisenhammer noch bis 1866 in Betrieb war und in dem danach, genau 100 Jahre lang, bis zum 14.Januar 1967 ein Sägewerk (Uhlig) betrieben wurde.

Weiter unten mündet ein Bach aus einem grundt, wo auch zwei Teiche eingezeichnet sind (der Germesgrund).

Am unteren Ortsende steht eine Schmelzhüt !!! Es hat sie also wirklich gegeben, die Schmelzhütte, wo die Erze aus den Zechen am Pöhlberg verarbeitet wurden. Auf einer hölzernen Hunte-Laufbahn soll das Erz von den Schächten zur Schmelzhütte hinab befördert worden sein ! Die Schächte am Osthang des Pöhlberg (St. Briccius) sind mit Jacob Utmans Kieshütt bezeichnet. Sie gehörten also noch einem Nachkommen der Barbara Uthmann, die selbst nach dem Tod ihres Mannes Christoph Uthmann (1551) dieses ergiebige Bergwerk weiterführte und 1571 verstorben war. Unten an der Pöhla steht das dazugehörige Pochwerk: Utmas Buchw., die 9.Mühle....

Glück Auf !

Wolfgang Süß

im Juli 2002

 

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