Förster Freudenthaler
(nach einer Erzählung von Karl Walter Schmidl/Weipert
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Nach
einer ganzen Weile öffnet sich leise die Gaststubentür und
herein tritt, aschfahl im Gesicht, das Gewehr auf der Schulter,
der Weiperter Förster Freudenthaler. Erschrocken musterten die
Anwesenden den sonst so resoluten Mann, der heute einem Schatten
glich und sich wortlos auf den Stuhl sinken ließ, den ihm der
Wirt hingeschobenen hatte.
Was ist ihnen denn passiert? fragt Breitfeld besorgt.
Keine Antwort. Wie geistesabwesend starrt Freudenthaler vor sich
hin.
Endlich, nach langem Zureden, hebt der Förster mühsam zum Sprechen an: Als ich vorhin heimwärts durch die Pleiler Heide ging, stand plötzlich ein ganzer Haufen Schweden vor mir, alle ohne Köpfe, und hielten ihre Musketen auf mich gerichtet. Er machte eine Pause. Totenstille war in der Gaststube. Ein Schreck ohnegleichen durchfuhr meinen Körper. Doch rasch faßte ich mich und drückte meine Doppelflinte auf die Schweden ab. So plötzlich wie sie aufgetaucht, waren sie wieder verschwunden !
Als Freudenthaler diese kurzen Sätze beendet hatte, verfiel er wieder in sein starres Schweigen. Auch die anderen trauten sich kaum was zu sagen. Später ging er heim in sein nur wenige Schritte vom Weißen Hirsch gelegenes Forsthaus und legte sich zu Bett, das er als Lebender nicht mehr verlassen würde. Einige Wochen später starb Förster Freudenthaler, wohl an den Folgen dieses schrecklichen Erlebnisses in der "Pleilhad".
Diese Geschichte soll sich vor dem 1. Weltkrieg
zugetragen haben. Förster Freudenthaler stammte eigentlich aus
der Steiermark (Österreich-Graz) und hatte dort im Dienst einen
Wilderer erschossen, dem eine große Zahl Kinder nachtrauerte. Um
ihn vor Rache und Verfolgung zu schützen, wurde er hierher ins
böhmische Erzgebirge versetzt, das damals noch zu
Österreich-Ungarn gehörte. Das Gewissen mag Freudenthaler die
Jahre hindurch schwer bedrückt haben, ansonsten hätte ihm
dieser Spuk in der Pleiler Heide nicht in eine derartige
Verfassung bringen können. Das Forsthaus des Weiperter Reviers
stand direkt gegenüber vom Weißen Hirsch auf der
böhmischen Seite, nur 30m hinter der Grenze. Es wurde, wie viele
andere Gebäude in Grenznähe, nach 1945 abgerissen. Der Gasthof
Weißer Hirsch an der Straße zwischen Jöhstadt und
Kühberg, direkt an der böhmischen Grenze, existiert schon über
300 Jahre. 1939 übernahm die Fam. Bohring den Landgasthof, der
dann nach Plänen des heimatverbundenen Architekten Paul Beckert
aus Lichtenstein seine rustikal-erzgebirgische Einrichtung und
den Namen Berghof erhielt.
Der historische Hintergrund liegt im 30jährigen Krieg. Am 18.
März 1641 sollen in den damals bodenlosen Sümpfen des Hochmoors
bei Schmiedeberg (heute Kovarska), in der danach benannten
Totenheide, 850 Soldaten einer starken Vorhut des schwedischen
Generals Baner im Moor versunken sein. So auch im Moor der
Pleiler Heide. Die Schweden mussten sich nach der Schlacht bei
Mies (heute Stríbro, 30 km westl. von Plzen) fluchtartig über
den Preßnitzer Paß nach Sachsen zurückziehen, wobei sie nachts
in dieses Hochmoor gerieten. Beim Torfstechen in der Pleiler
Heide fand man wiederholt Hufeisen, Messer und dergleichen, die
von den Schweden herrühren sollen. Heute erinnert noch ein
Gedenkstein hinter dem Schmiedeberger Bahnhof an dieses Ereignis.
Glück Auf !
Wolfgang Süß
im Febr. 2006