Der Annaberger Mechanikus und Kupferschmied Joseph Heinrich Schell (1747 - 1830) hat ab 1814 in kleinen Heften zu drei bis vier beschriebenen Seiten seine Historischen Notizen herausgegeben. Aus dieser Sammlung unterschiedlichster wahrer Begebenheiten und Ereignisse habe ich hier einige, die auch unseren Ort betreffen herausgesucht:
Der
Bärenfänger: Im 16. Jahrhundert wollte ein Vogelsteller oben im Ratswald mit Leimruten Vögel fangen. Dabei sah er plötzlich aus dem Walde einen Bären auf sich zukommen, worüber er sehr erschrak und sich in großer Angst nicht anders zu retten wusste, als auf einen Baum zu klettern. Jedoch mußte er mit größtem Schrecken feststellen, daß der Bär ihm hinterher, auch auf den Baum kletterte. Nun sah er keine Möglichkeit sich zu retten. Als der Bär schon bald an seinen Füßen war, griff er in Angst nach seinem Hut, wo er ein Päckchen Leimruten eingewickelt hatte. Diese warf er dem Bär quer über die Augen. Als dieser mit der Tatze die klebrigen Ruten abstreifen wollte fiel er vom Baum herab. Er wollte sich aufraffen, konnte aber nicht laufen, denn er hatte sich eine Tatze gebrochen. Der Vogelsteller mußte lange auf dem Baum verweilen, denn er getraute sich nicht herunter, weil der Bär sich nahe am Baum niedergelegt hatte. Als der Vogelsteller endlich aus Königswalde Leute kommen sah, rief er ihnen zu und als diese kamen, schlugen sie den Bären tot. Der Vogelsteller meinte, er habe statt Finken einen Bären mit Leimruten gefangen. |
1756-1763 Im Siebenjährigen
Krieg:
Der August anno1762 war um Annaberg sehr traurig, es marschierten
schon wieder Preußen nach Böhmen. Die Königswalder mußten den
5. August 17 Pferde Vorspann schaffen. Die Spanner kamen alle
nach einigen Tagen wieder, bis auf einen, der bei einem
Reiterangriff mit totgeschossen wurde. Die 17 Pferde haben sie im
Stich lassen müssen. Die Königswalder rechnen ihren Schaden auf
1000 Taler. Die Preußen haben hier an der Grenze und an der Elbe
in Böhmen 62 Dörfer völlig ausgeplündert, desgleichen auch
zwei sächsische Dörfer beim Rausmarschieren. Eine Partie
Preußen, die Böhmisch-Schmiedeberg bei Wiesenthal
ausplünderten, hat ihre mitgebrachten Sachen alle zusammen in
Scheibenberg verkauft.
1783:
Den 28. Januar wurde unweit Kleinrückerswalde ein toter Mann
gefunden, welcher beim Flößgraben lag. Er wurde gerichtlich
aufgehoben, es war ein Annaberger Bürger mit Namen Schmiedel,
ein Uhrmacher. Man sah keine Verletzung an ihm. Er war den 26.
Januar nach Königswalde gegangen und hatte die Kirchenuhr
ausgebessert, war den 27. Januar abends 8 Uhr wieder nach
Annaberg gegangen, im Heimweg mochte ihm ein Schlagfluß
getroffen haben. Er war ein stiller und geschickter Mann, etliche
50 Jahr alt, den 31. Januar ist er hier in Annaberg begraben
worden.
Winter 1803:
Zu Ende des Jahres 1803 war große Kälte und viel Schnee. Es
erfroren viele Menschen hier im Erzgebirge, auch der Jöhstädter
Pastor Schulze. An einem kalten Wintertag im November 1803 ist er
vormittags in Annaberg gewesen und am Nachmittag, als er wieder
nach Hause ging, kehrte er in Königswalde bei Herrn Magister
ein. Als er von da, noch bei hellem Tage, weiterging, warnte ihn
der Herr Magister, er möge bei dem heftigen Schneegestöber und
der Kälte bei ihm zu Nacht bleiben. Aber er meinte, in einer
Stunde wäre er in Jöhstadt in seiner Wohnung. Er ist aber nicht
zu Hause angekommen. Den ersten, zweiten und dritten Tag wurde
überall von Bürgern links und rechts auf dem Weg von
Königswalde nach Jöhstadt gesucht, er war aber nicht zu finden.
Auch etliche Sonntage darnach wurde vergeblich gesucht. Erst am
zweiten Weihnachtsfeiertag fanden ihn zwei Grumbacher Einwohner
im Wald nahe bei Grumbach.
Glück Auf !
Wolfgang Süß
Mai 2005