von Rüböl-Funzeln un Inseltlichter
Bevor
das Weihnachtsfest im Erzgebirge zu einem wahren Lichterfest
werden konnte, wie wir es heute erleben (manchmal fast schon
etwas übertrieben), mussten fast 200 Jahre vergehen. Erst die
Erfindung von Verfahren zur Herstellung von Kerzen aus Paraffin
um 1830 schuf Voraussetzungen, dass die (Wachs-) Kerzen ihren
weihnachtlichen Siegeszug antreten konnten.
Zuvor standen den Menschen neben Leuchtspänen (Kienspan) und
Öllämpchen nur Talgkerzen zur Verfügung. Echte Wachskerzen aus
Bienenwachs waren für den überwiegenden Teil der Bevölkerung
unerschwinglich teuer.
Leuchtspäne spielten zwar für die Festbeleuchtung nie eine Rolle, doch, man kann es kaum glauben, gehörten sie im oberen Erzgebirge und im Vogtland Mitte des 19.Jahrhunderts durchaus noch zur verbreiteten Lichtquelle in den ärmlichen Stuben der Dorfbewohner. Eine Notiz von 1847 in einer hiesigen Tageszeitung belegt dies: Auch die Leuchtspäne werden bei dem gestiegenen Ölpreise sehr gesucht..." Am meisten
wurden damals pflanzliche Öle (Rüböl) für
Leuchtzwecke genutzt. |
Skizze
einer Rüböllampe |
Leuchterspinnen
und Pyramiden wurden aber noch bis um 1900 mit Rüböllämpchen
ausgerüstet. Klempner stellten für den Bedarf der Bastler diese
einfachen zylindrischen Töpfchen mit einer am Boden
festgelöteten Dochthalterung her und boten diese zum Verkauf an.
Bei den Kerzen waren die aus minderwertigen tierischen Fetten
hergestellten Inseltlichter" die einzige Alternative
zu den unbezahlbar teuren Bienenwachskerzen. Diese wurden aus
Talg hergestellt, der aus dem weißen Fettgewebe zwischen den
Därmen der Rinder oder Schafe gewonnen wird, Inselt sagen wir
Erzgebirger dazu. Schweinefett geht nicht, durch das Ausschmelzen
des Fettgewebes von Gänsen, Enten, Schweinen entsteht Schmalz !
Die hochdeutsche Bezeichnung für Talg ist Unschlitt,
daher kommen Inslit oder unser Inselt. Seit dem
Mittelalter benutzten dieses Fett die Bergleuten als Brennstoff
für ihre Lampen (Froschlampen); in der Tscherpertasche hatten
sie es immer dabei.
Zur Gewinnung des Talgs wird das zerschnittene Fett unter Zusatz
von etwas Wasser erhitzt, das geschmolzene Fett wird abgeschöpft
und vom Rückstand, den Griefen, getrennt. Die kommen dann an de
Brutsupp aber das ist eine andere Geschichte ...
Die Talg- oder Inseltlichter waren vergleichsweise billig, aber sie erzeugten beim Abbrennen lästigen Qualm und einen etwas unangenehmen Geruch. Wegen des niedrigen Schmelzpunktes des Talgs schmolzen sie leicht in sich zusammen und mussten daher sehr dick sein. Freilich fehlte es auch nicht an Versuchen, die Qualität der Talgkerzen zu verbessern. Im Marienberger Wochenblatt" gab 1832 ein Hr. Meyer aus Wolkenstein bekannt, dass es ihm nach mehrjährigen Versuchen gelungen sei, dem Talg eine fast dem Wachs gleichkommende Festigkeit zu geben und selbigem den üblen Geruch und Dampf zu nehmen" und damit Talglichter zu liefern, die von der Qualität her, den Wachslichtern nur wenig nachstehen würden und in Hinsicht ihrer Wohlfeilheit, Sparsamkeit und Helligkeit mit dem Preise der letzteren in keinen Verhältnis" stünden.
Nach 1850 verschwanden die Talgkerzen nach und nach, 1866 waren im Chemnitzer Anzeiger" keine mehr im umfangreichen Weihnachtsangebot aufgeführt. In Schneeberg dagegen wurden noch 1892 buntbemalte Talgkerzen" annonciert.
Erstmals 1838 tauchen hier im Erzgebirge Stearinkerzen im Angebot auf, im Annaberger Wochenblatt" stehen 1840 die ersten Anzeigen. Diese synthetischen Wachse bestehen aus Paraffin und werden aus Rückständen der Erdöldestillation gewonnen. Trotzdem dauerte es noch Jahre, bis sich diese Kerzen aus synthetischen Wachsen im Erzgebirge durchsetzen konnten. Ihr Preis war noch erstaunlich hoch: Ein Pfund Paraffinkerzen wurde z. B. 1856 in Chemnitz für 22 Neugroschen angeboten. Bei einem Wochenlohn eines Tagelöhners oder Bergmannes von 1 bis 2 Talern war das eine erhebliche Summe (1 Taler = 30 Neugroschen zu je 10 Pfennige).
Erst
als sich die Paraffinkerzen weiter verbilligten, wurden sie zur
echten Festbeleuchtung für das Weihnachtsfest. Man fand sie nun
überall: auf Leuchtern, Pyramiden, auf Engel und Bergmann usw..
Von nun an gehören Lichtertüllen aus Blech oder Holz zum
Bastlerangebot in jedem Laden.
Wer heute seine Leuchterspinne
stilgerecht mit Rüböllämpchen ausrüsten
will, kann sich solch ein Öllämpchen einfach aus
Weißblech zusammenlöten und mit Leuchtöl, dass es
wieder überall zu kaufen gibt, betreiben. Aber Vorsicht
!!! Die modernen Lampenöle sind scheinbar viel zu gut, zu leicht entzündbar. Nach einer Weile erwärmt sich das ganze Öllämpchen und die Flamme schlägt auf die gesamte Öl-Oberfläche über das kann gefährlich werden. Die heutigen Lampenöle sind also nur für geschlossene Lampenbehältnisse geeignet, in die oben der Docht steckt. Aber noch einfacher geht es mit Teelichter. Sie haben fast dieselben Abmessungen wie die Rüböllämpchen und sehen mit ihrer kleinen Flamme fast genauso aus und, sie tropfen und riechen garantiert nicht ! Sie bestehen aus reinem Paraffin. |
Glück Auf Wolfgang Süß im Dezember 2005 Teilweise
übernommen aus: Nachtrag:
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