Das
Waldweibel – eine alte Sage
Moosmann und Moosweibel sind die wohl bekanntesten Sagengestalten des Vogtlandes. Und nicht nur dort kennt man sie. Die Moosleute sind ein Volk von Wald- und Naturgeistern, welche für ihr freundliches Wesen in ganz Europa bekannt sind. Man findet sie in den Wäldern Österreichs, im Bayrischen Wald, in Polen, Tchechien und der Slowakei. Die Moosleute kennen die Heilkräfte aller Pflanzen im Wald und wissen, wo die blaue Blume Nimmerweh wächst. Sie verwandeln Blätter in Gold und schenken Fremden Tannenzapfen, aus denen nach einer guten Tat Goldene Taler werden. Laut den Sagen leben die 3 Fuß großen Waldgeister im Waldesdickicht in Wurzelhöhlen und unter Baumstöcken und versteckten sich vor ihrem ärgsten Feind, dem Wilden Jäger, vor dem sie 3 ins Holz eingeschlagene Kreuze schützen. Im Vogtland sind der Moosmann mit seinem Moosweibel ein Symbol vogtländischer Weihnacht geworden. Sie werden als Lichtträger und Räuchermänner geschnitzt und mit Moos beklebt. Mit der Kerze in der rechten Hand und dem Stock in der linken, steht der Moosmann in den zwölf Innernächten von Weihnachten bis Hochneujahr in den vogtländischen Stuben und schützt den Besitzer vor Unglück.
Die Moosmann-Sage aus
dem Vogtland
beginnt
mit einem jungen Burschen, welcher sehr arm war und sich in die Tochter
des
Nachbarn verliebt hatte. Da die wenigen Groschen als Holzfäller aber
nicht für
die Gründung einer eigenen Familie reichten, ging der einst lustige
Mann immer
öfter in den Wald, um sich abzulenken. Als
er eines Tages sehr spät auf dem Weg nach Hause war, sprang plötzlich
eine
winzige Gestalt vor ihm auf den Weg und bat ihn, sehr schnell drei
Kreuze in
den nächsten Baumstamm zu schlagen, weil der Wilde Jäger mit seinem
Gefolge
komme, um sie töten. Der junge Mann folgte sogleich der Bitte und kaum
war er
fertig, da brauste auch schon die ganze Meute herbei, jedoch die Kreuze
schützten die beiden und der Wilde Jäger konnte ihnen nichts anhaben.
Die
kleine Gestalt bedankte sich, noch immer zitternd bei dem jungen
Burschen,
schenkte ihm zum Dank einen Zweig und verschwand unter einer Wurzel.
Erst jetzt
begriff der Holzfäller, daß er ein Moosweibchen vor dem Wilden Jäger
gerettet
hatte. Da er nicht so recht wußte, was er mit dem kleinen Zweig
anfangen soll,
steckte er ihn, ein Liedchen pfeifend an seinen Hut. Als er zu Hause
angekommen
war und seinen Hut abnahm, staunte er nicht schlecht, denn der Zweig
hatte sich
in reines Gold verwandelt. |
Es
gibt unzählig viele solcher Sagen im Vogtland und auch bei den
Gebrüdern Grimm
findet man das Märchen vom Moosweibchen
mit einer ähnlichen Geschichte.
Auch
bei uns gibt es eine Moosweibel-Sage !
Im „Sagenschatz des Königreichs Sachsen“ von 1874 findet man die Sage vom Waldweibchen in Steinbach, aufgezeichnet von unserem Erzgebirgschronisten Christian Lehmann in seiner Natur-Chronik, dem Historischer Schauplatz derer natürlichen Merkwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober-Ertzgebirge, Leipzig 1699:
In den
Wäldern bei Steinbach und Grumbach ohnweit Jöhstadt läßt sich oft ein
altes
Mütterchen sehen, das ist das Waldweibchen. Es thut Niemandem etwas zu
Leide,
ja es hilft sogar den Leuten bei der Arbeit. Man erzählt, daß es vom
Satan oder
dem wilden Jäger gejagt werde und auf seiner Flucht einen Stock, in dem
die
Holzhauer ein Kreuz gehauen, suche, sich darauf setze und alsdann
erlöst werde.
Im Jahre 1633 hat bei Steinbach am Aschermittwoche ein Bauer einen Baum
im
Walde gefällt, und indem der Baum im Falle ist, haut er nach der
Holzhacker
Gebrauch ein Kreuz hinein. Sogleich kommt ein gejagtes Weiblein und
bleibt an
dem mit dem Kreuze gezeichneten Baume stehen, da es denn sitzen
geblieben.
Unterdessen füllt es dem Holzhacker seinen Korb mit Spähnen, er aber
schüttet
die Spähne wieder aus, und davon ohngefähr ein Spähnchen hängen
geblieben,
findet er, als er nach Hause kommt, an dessen Statt einen ganzen
Thaler. Er
geht also bald wieder in den Wald, in der Hoffnung, solcher
Thalerspähne viele
aufzulesen, aber vergebens. Doch weil der Mann damals in kurzer Zeit zu
Mitteln
gekommen, hat man vermuthet, er müsse doch etwas gefunden haben. Von
dieser
Zeit an geht niemand gern am Aschermittwoch daselbst in’s Holz, in der
Meinung,
der wilde Jäger jage das Holzweibchen am Aschermittwoch.
Wolfgang Süß
04.02.2014