25 Jahre Königswalder Ortspyramide

An Jubiläen merkt man wie die Zeit vergeht. Das wurde uns Schnitzern wieder einmal so recht bewußt, als wir am Freitag vor dem ersten Advent gemeinsam mit Unterstützung der Gemeindebaubrigade wie in jedem Jahr unsere Ortspyramide aufbauten, und das nun schon zum 25. Mal !

Als erster Ort stellte Frohnau 1933 eine etwa 4,50 m große Pyramide im Garten des Gemeindeamtes im Freien auf. Die Jahre darauf folgten Aue, Schwarzenberg, Seiffen und Stollberg mit solchen "Pyramiden für alle".
Besonders die von Emil Krauß 1934 für Schwarzenberg in Auftrag gegebene und von Mitarbeitern seiner "Krauß-Werke" angefertigte Pyramide verdient besondere Erwähnung: Sie ist aus Blech beeindruckend gut gestaltet, über 7 m hoch und mit Figuren der Weihnachtsgeschichte, Bergleuten und Engeln, geschnitzt von Paul Lang, bestückt. Sie bildete den Mittelpunkt der Großen Krippenschau 1934 in Aue.

In den 60iger Jahren wurde diese Tradition der Ortspyramiden von vielen erzgebirgischen Schnitzvereinen wieder aufgegriffen und es entstanden vielerorts neue große Pyramiden unterschiedlichster Gestaltung, so auch 1969 die erste Annaberger Marktpyramide. Wegen ihrer enormen Größe von über 12 m und den auf spiralförmig angeordneten Armen stehenden Figuren hatte sie bald in der Bevölkerung den Beinamen "Drehturm" weg. 1991 wurde sie zum letzten mal aufgebaut.

Daß unsere Schnitzer Manfred Nestler und Günter Herrmann damals in der Schnitzschule Annaberg mit die Figuren für diese Pyramide geschnitzt haben, gab wohl auch den Anstoß, über den Bau einer eigenen Ortspyramide für Königswalde nachzudenken. Außerdem hatten ja die umliegenden Orte, wie z.B. Sehma seit 1949, Arnsfeld, Ehrenfriedersdorf und Elterlein seit 1972 auch schon eine Ortspyramide.

Nach der Jubiläumsschau 1975, zum 50-jährigen Bestehen unseres Vereins, begannen die Königswalder Schnitzer mit dem Bau einer eigenen Ortspyramide. Natürlich war es Manfred Nestler, der die Gesamtkonzeption für die über 4 m hohe Pyramide und auch die Figuren entwarf. Es sollte eine richtige erzgebirgische Pyramide werden, Figuren aus der Ortsgeschichte, der Besiedlung, Berufe aus der Land- und Waldwirtschaft, Handwerk, Bergbau, Schnitzer und Klöppelfrau, natürlich der Stülpner-Karl und ganz oben spielende Kinder. 12 geschnitzte Figuren, 50...80 cm groß, das war schon eine Herausforderung !

Entwurfszeichnungen zu den Pyramidenfiguren von Manfred Nestler

Aus halben Stämmen wurden die Figuren erst einmal vorgedrechselt. "Bein Aselt-Hans-Schiet standn dr Stumpf-Loth un dr Schieferdecker-Will an dr Drachselbank un hobn geschwitzt un de Köpp eigezugn... "

Dann wurde geschnitzt. Jeder hatte seine Figur zu machen, mancher auch mehrere, dr Sale wohl sogar fünfe. In dieser Größe zu arbeiten war natürlich völlig ungewohnt und viel viel anstrengender als "e klaanes Mannl ze schnitzn". Parallel dazu liefen die Arbeiten zur Pyramidenwelle, den elektrischen Antrieb, Getriebe, Flügel, Flügelkopf und schmiedeeisernen Verzierungen in der LPG-Werkstatt. Walter Wähner, Hans Bemm und Gottfried Gahlert waren dort eifrig bei der Sache. Dann noch die fast 5 m langen Säulen (die geflößte Kiefer hatte dr Mandt-Horst, unner Bürgermeister organisiert) zurichten und verzieren und dann war am Schluß ja auch noch alles mit einem wetterfesten Anstrich zu versehen, "aber dos war ja ne Scharschmidt-Lotl un ne Hammerlob-Man sei Sach ... ".

Die Stunden hat keiner gezählt oder aufgeschrieben. Sie ist ein wirkliches Meisterstück geworden !

Unsere Ortspyramide

Unvergessen ist noch heute der erste Aufbau bei den Schnitzern: es war der Sonnabend vor dem 1. Advent 1976. Nachdem die Pyramide lief, ging’s zu einer "kleinen Feier" ins Volkshaus. Mit "Essen und Trinken ist frei" hatte dr Mandt-Horst alle eingeladen - daß dann mancher dreimal gegessen hat und natürlich auch der nötige Durst dabei war, damit hatte er wohl dann doch nicht gerechnet ! Sogar getanzt wurde zwischendurch noch mit, denn auf dem Saal war OPEW-Weihnachtsfeier ...

25 Jahre sind seitdem vergangen. Jedes Jahr erfreuen sich Einwohner und Gäste unseres Ortes vom 1.Advent bis zur Lichtmeß' an unserer Ortsyramide.

Aller paar Jahre werden Figuren und alle anderen Teile von den Schnitzern restauriert, Witterungsschäden und Verschleiß an der Technik ausgebessert. Größere Schäden gab es noch nie. Das freut uns besonders. Nur ein laut quietschender Kugellagersitz sorgte 1995, ausgerechnet während der Schnitzausstellung, dafür, daß sie einmal paar Tage früher abgebaut werden mußte.

Und auch die schöne Tradition vom ersten Aufbau hat sich bis heute erhalten: Der Bürgermeister kommt mit einem wärmenden guten Tropfen vorbei und danach gibt es für alle Helfer noch einen gemütlichen Imbiß als Dankeschön.

 

Wolfgang Süß

Dezember 2001

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