Im Jahr 2000 konnte unser Schnitzverein auf 75 Jahre Vereinsgeschichte zurückblicken. Zwar soll es einen "alten" Schnitzverein in Königswalde schon 1908 bis 1912 gegeben haben, aber mehr als diese Aussage in einem Zeitungsartikel von 1926 ist uns darüber nicht bekannt.

Der (neue) "Krippen- und Schnitzverein Königswalde" wurde im Februar 1925 gegründet. Im TAW wird berichtet, daß "dank der rührigen Tätigkeit des Vorsitzenden Paul Weber (Reitschul-Weber-Paul) der neue Verein ins Leben gerufen wurde".

 

Das einzige Foto aus der Zeit der Gründung des Schnitzvereins, aufgenommen zur Ausstellung 1926 oder 1927:

v.l.n.r.-hinten: Max Schreiber, Karl Flor, Paul Weber (Vorsitzender), Herbert Reuther, Karl Reuther, Martin Weigelt (Schenklob), Otto Herrmann (Salema)

v.l.n.r.-vorn: Lui Flor, Oskar Langer (Tanes), Guido Nestler (Aselthans), Paul Naumann (Schandarm-Paul), Willy Nestler, Otto Meier (Kaffeeheim-Otto)

Der neu gegründete Schnitzverein führte bereits 1926, vom 17. bis 24.Januar, seine "1.Große Erzgebirgische Weihnachtsausstellung" im Gasthof "Amtsgericht" durch: "Winkel, Leuchter, Figuren, Pyramiden, Häuser usw., selbstgefertigte Erzeugnisse aus alter und neuer Zeit" werden in der Anzeige im Tageblatt Annaberger Wochenblatt (TAW) angekündigt ! Die Ausstellung wird ein erster schöner Erfolg, "nicht nur hinsichtlich des Gelingens, sondern auch des Besuches, der am Sonntag als sehr stark, auch von auswärts, zu bezeichnen war" !

Im Januar 1927 wurde bereits die zweite "Krippenausstellung" eröffnet. Der Verein zählte nun 23 Mitglieder. Besonders benannt werden: Karl Reuter, Paul Naumann, Herbert Reuter und Franz Florer. Anziehungspunkt war die Vereinskrippe: eine Gemeinschaftsarbeit in Form eines großen orientalischen Weihnachtsberges. Überhaupt, so wird berichtet, sei der Bau von Weihnachtsbergen die besondere Spezialität der Königswalder Schnitzer und Bastler gewesen. Folgende Weihnachtsberge waren damals ausgestellt:

Einer der wenigen Weihnachtsberge, der die Zeiten überstanden hat, ist der Berg von Otto Herrmann (Salema-Otto). Bis an sein Lebensende,1976, baute er seinen "Winkel" jedes Jahr in der großen Bauernstube auf und natürlich konnte er dort "besichtigt" werden. 1994 haben wir die noch vorhandenen Teile übernommen und den Berg in Anlehnung an die ehemalige Gestaltung neu aufgebaut, so daß er heute wieder auf unseren Ausstellungen bewundert werden kann.

Bis 1935 folgten noch weitere Ausstellungen, welche aber nicht so erfolgreich wie die ersten waren. Im 2.Weltkrieg zerfiel der Verein. Das vorhandene Vereinseigentum wurde aufgeteilt; auch die Mailänder Krippenfiguren vom Vereinsberg. Sie sollten so die Kriegswirren besser überstehen, doch sind sie bis auf ein paar wenige Stücke bis heute verschollen.

Nach Kriegsende war es der Oberlehrer Richard Lange, der 1947 die Schnitzer zusammenrief, um die Kulturarbeit im Ort zu neuem Leben zu erwecken. Kurz darauf entstand die "Schnitzgruppe Königswalde". Rudi Haase übernahm den Vorsitz. In einem Raum in der Turnhalle, später im Spritzenhaus, wo auch eine erste Ausstellung gezeigt wurde, begann die kleine Gruppe zu arbeiten. Mit dabei waren damals Günter Herrmann, Manfred Nestler, Willi Gebhardt, Fritz Reuter, Kurt Köhler, Gunter Bärthel, Siegfried Horn, Gunter und Walter Nestler.

Nach mehrmaligem Umzug, zuerst ins Sanitätsdepot, wieder zurück in die Turnhalle, kam die Schnitzgruppe endlich in der ehemaligen Wolf'schen Tischlerei unter. Erste Gemeinschaftsarbeiten entstanden: Wegweiser für unseren Ort. Noch gut kann ich mich an den Hasen über dem Schriftzug "Nach Geyersdorf" erinnern. Er stand unten am Deutschen Haus oder der mit dem Fuchs "Nach Grumbach" an der Kirche. Ein Skispringer wies den Weg "Zur Sprungschanze". Sie hielten nicht sehr lange. 1967 wurden schon neue Wegweiser entworfen und angefertigt.

1952 zeigte die Schnitzgruppe Königswalde ihre Große Volkskunst- und Weihnachtsausstellung in der Turnhalle. Von den Einnahmen wurde ein Lehrgang mit dem bekannten Annaberger Schnitzmeister Paul Schneider finanziert, bei dem alle Teilnehmer viel gelernt haben und der die Handschrift so manchen Schnitzers bis heute prägte.

Seit 1962 wurden öffentliche Schnitzabende für die FDGB-Urlauber unseres Ortes durchgeführt.

1963 folgte eine Schnitzausstellung im "Deutschen Haus" und von nun an aller 4 Jahre im "Volkshaus", ab 1983 wieder in der Turnhalle, nach der Wende 1995 im "Volkshaus" und 1998 erstmals im neuen Amtsgerichtssaal. Fast alle Ausstellungen wurden gemeinsam mit dem Klöppelzirkel durchgeführt.

Die Jubiläumsschau 1975, zum 50-jährigen Bestehen des Vereins, war ein besonderer Erfolg: 17000 Besucher kamen, um die meisterlich geschnitzten Engel und Bergmänner, Pyramiden, Weihnachtsberge, Drehleuchter, Nußknacker und vieles andere mehr zu bewundern. Auch historische Stücke aus frühen Jahren der Schnitzerei in Königswalde waren zu sehen.

Nach dieser Ausstellung begannen wir mit den Bau unserer Ortspyramide nach dem Entwurf von Manfred Nestler.

Mit ca. 4 Meter Höhe, bestückt mit 12 geschnitzten Figuren, 50...80 cm groß, ist sie ein wirkliches Meisterstück geworden.
Am Sonnabend vor dem 1.Advent 1976 wurde sie das erste mal aufgebaut. Jedes Jahr erfreut sie die Einwohner und Gäste unseres Ortes vom 1.Advent bis zur Lichtmeß'.

Danach entstanden die neuen Ortswegweiser, die nach mehrfacher Restauration, die letzte im vergangenen Jahr, heute noch stehen und recht gut erhalten sind.

Im Frühjahr 1979 wurde das Schnitzerheim in der ehemaligen Wolf'schen Tischlerei vollkommen umgebaut. Liesbeth Wolf hatte uns noch einen Raum im Erdgeschoß dazugegeben. Es entstand ein gemütlicher Aufenthaltsraum und eine ganz gut eingerichtete Werkstatt mit einigen Maschinen usw..

1984 wurde das große Wappen am Ortseingang entworfen auch durch den Verein selbst angefertigt. Im November 84 war das Symbol für den Ortsnamen fertig und wurde an der Annaberger Straße aufgestellt.

Nach der Wende kam der nächste Umzug des Schnitzvereins: der Schulwerkraum stand teilweise leer und die Gemeinde bot uns diesen Raum zur Nutzung an. Da haben wir wieder zugegriffen und im Oktober 1993 konnten wir in unser jetziges Schnitzerheim einziehen.

Seit März 1990 sind wir ein eingetragener Verein und haben uns in Anlehnung an den alten Namen in "Schnitzverein Königswalde e.V." umbenannt. Den Vorstand bilden Wolfgang Süß, Ferry Nestler und Heiko Melzer.

Nun sind wir erst einmal wieder umgezogen: Die "Linde" wurde zum "Haus des Gastes" umprofiliert und der Schnitzverein konnte in die ehemaligen Lagerräume einziehen. Der Umbau erfolgte mit großer Unterstützung von seiten der Gemeinde im Zeitraum Nov. 2000 bis Jan. 2001, so daß wir Mitte Januar bereits den Umzug im wesentlichen vollbracht hatten.

Unser 75-jähriges Bestehen haben wir im Februar 2001 mit einer Schnitz- und Klöppelausstellung feierlich begangen. Diese Jubiläumsausstellung vom 3.2. bis 25.2.2001 war im neuen Gemeindesaal im ehemaligem Amtsgericht zu sehen und wurde von 5300 Gästen aus nah und fern besucht !

Glück Auf !

Wolfgang Süß

im März 2001

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